Nancy

Vorbemerkung: Hier nun ein zusammengestauchter Reisebericht über eine
Busreise von Kayla und Egbert nach Nancy. Die Reise fand im September
2009 statt und alle erwähnten Dinge beziehen sich somit auf diesen
Zeitpunkt.

Einleitung: Anfang September schickte uns der Busunternehmer aus Stuttgart
wieder eine Liste neuer, preiswerter Restplatz - Verwertungen zu. Auf Kaylas
Wunsch entschlossen wir uns, eine darin angebotene Reise nach Cuxhaven mit
zu machen. Dafür meldeten wir uns dann an. Der Reisetag rückte näher und
exakt einen Tag vor der Reise rief uns der Busunternehmer an, dass wir da nicht
mitfahren könnten, weil Leute, die urspünglich abgesprungen waren und damit
diese Restplätze überhaupt erst erzeugt hätten, würden nun doch mitfahren und
somit sei der Bus bis auf den letzten Platz mit regulären, voll zahlenden
Teilnehmern besetzt. Auch nicht schlimm, dachten wir, dann bleiben wir eben
doch zuhause. Aber der Busunternehmer ist sehr rührig und meldete sich 2 Tage
später erneut, um uns andere Restplätze anzubieten. Darunter war eine
dreitägige Busreise nach Nancy in Frankreich, wo wir auch noch nie waren,
ausser mal bei einer Durchreise, die dort aber keinen richtigen Halt machte.
Diese Reise war mit bester Unterkunft und Halbpension so unschlagbar billig,
dass nicht fahren und hier bleiben fast schon teurer gewesen wäre. Ich verrate
damit ein halbes Geheimnis, aber der Busunternehmer war es nachher so leid,
Leuten wegen möglicher Restplätze für diese Reise nachzulaufen, dass er uns 2
von insgesamt 6 Restplätzen dieser Reise für sage und schreibe 25 Euro
überließ. 25 Euro für 2 Personen wohlgemerkt, für Hin- und Rückfahrt in
klimatisiertem Luxusbus, für 2 Übernachtungen in einem grandiosen Hotel, was
ich als erste Klasse bezeichnen würde, wenngleich es dort nur den Ruf eines
guten Durchschnittshotels hatte, für zusätzlich Eintrittkarten für 2 ganz tolle
Museen, die für sich alleine betrachtet den Preis und die Anreise schon wert
waren, dann inbegriffen 2 freie Sitzplätze auf dem Schloßplatz für abendliche
Großprojektionen auf das dortige Rathaus, die ihres Gleichen suchen und das
mit Sicherheit vergeblich, so was habe ich noch nie gesehen. Mir fehlen die
Worte, das alles zu beschreiben. Also kurzum, diese Reise wurde gebucht und
angetreten.

Wenn man das zunächst hört, klingt eine Reise nach Nancy sicherlich nicht
unbedingt nach einem erstrebenswerten Reiseziel, es klingt zunächst, als würde
man hier sagen, ich reise mal in irgend eine x-beliebige mittlere Großstadt wie
Pforzheim oder Karlsruhe, aber weit gefehlt. Auch von der Entfernung her ist
das von hier eher in einem Bereich, wo man sagen möchte, dass es fast noch
Nahbereich ist und keine erwähnenswerte Strecke. Es mögen vielleicht um die
200 km sein, möglicherweise auch 250 km, mehr aber sicher nicht. In dem
Luxusbus, der sichtlich kräftig motorisiert war und der durchgehend rund 110
bis 120 km/h fuhr, war die Reise in etwas über 2 Stunden erledigt, pro Strecke
versteht sich. Was für uns auch ein zusätzlicher Anreiz war, war die Tatsache,
dass wir zum Mitfahren nicht nach Stuttgart fahren mussten, sondern nur nach
Karlsruhe, da die Reise dort startete, obwohl der Stuttgarter Busunternehmer sie
durchführte. Das lag daran, weil eine Karlsruher Firma diese Reise
ausgeschrieben hatte und der Stuttgarter Busunternehmer den Zuschlag
bekommen hatte, weil er wohl der preisgünstigste Anbieter war. Was in dem
Fall ungewöhnlich war, war zweifellos die Abfahrtszeit, die auf morgens 4.10
Uhr ab Karlsruhe festgesetzt worden war. Man wollte dadurch gleich den
Anreisetag auch als Nutztag in Nancy verwerten, weil wir so bereits kurz vor 7
Uhr in Nancy eintrafen. Zuerst gings gleich zu unserem Hotel, welches in einem
sehr schönen, aufwändig renovierten Jugendstil - Altbau untergebracht war. Ich
spreche leider kein Französisch, Kayla tut sich da leichter, aber ich glaube, das
Hotel nannte sich irgendwas wie Hotel du Rue de Magasin oder so ähnlich.
Wahrscheinlich weil die Straße daneben auch so hieß, nur dann natürlich ohne
das Vorwort Hotel. Ein Mitreisender meinte scherzhaft beim Betreten der
Rezeptionshalle des Hotels, dass bei der Renovierung wohl keine neuzeitlichen
Energiesparfüchse mitgewirkt hätten, weil die komplette Beleuchtung dort mit
Glühbirnen in aufwändig verzierten Lampen gemacht war. Schon beim Betreten
des großzügigen Eingangsbereichs strahlte einem förmlich die drückende
Wärme dieser vielen Birnen - Lampen entgegen. Aber bei der Gelegenheit fällt
einem erst richtig auf, dass man an diese Art des Lichts gar nicht mehr so
gewöhnt ist, weil alles in dieses leicht gelbliche, warme Licht getönt war. Man
fühlte sich dadurch  irgendwie um über 50 Jahre zurück versetzt, Anfang der
50iger Jahre war das so noch normal und Gewohnheit. Trotz altmodischer
Beleuchtungstechnik beeindruckte uns sogleich die hochmoderne
Gepäckverfrachtungsanlage. So ein Ding hatte ich zuvor auch noch nie gesehen.
Es ist klar, dass die meisten neu ankommenden Gäste Koffer oder dergleichen
mitbringen, die dann erst mal auf das Zimmer gebracht werden müssen. Dort
nicht. Ein freundlicher Herr, den wir als Gepäckmeister bezeichneten und der
erstaunlich gewandt mindestens 5 Sprachen fließend beherrschte, so als wäre
jede davon seine Muttersprache, erläuterte uns in völlig akzentfreiem Deutsch,
wie die Anlage funktioniert. Wir hatten daneben an der Rezeption von einer
stark parfümierten Dame, ein grünes Magnetkärtchen erhalten, welches zugleich
der Schlüssel für unser Zimmer war. Darauf stand auch unsere Zimmernummer
327 im dritten Stockwerk. Der Gepäckmeister bekam dann kurz dieses
Kärtchen, schob es in eine Bedientafel, die oberhalb von einem
Nirostaveredelten Metallschlund in der Wand prangte und er sagte, es genüge,
wenn wir ihm nun unser Köfferchen und die Tasche rüber reichen würden. Er
schob die Teile dann in den Metallschlund, wohinter sie sofort wie abgesaugt
verschwanden. Er meinte, in der Zeit, bis wir auf unser Zimmer gegangen
wären, stünde unser Gepäck bereits dort gleich innen neben der Zimmertür, er
erkärte noch kurz den Weg und gab uns eine mehrsprachige Broschüre über den
Notfallplan des Hotels sowie eine weitere mit Werbung über das Hotel, in der
alles erläutert war, was die so alles bieten. Der Weg war einfach und schnell,
gleich neben dem Stand des Gepäckmeisters war eine mehrfache Aufzuganlage,
wir huschten dann mit dem mittleren davon in die 3 Etage. Dort erschloß sich
ein langer Flur nach links und ein kurzer nach rechts bis zu einem Quergang.
Gleich gegenüber der Aufzugstür waren aber unübersehbare Hinweisschilder, in
welche Richtung man welche Zimmernummern antraf. Wir mussten somit in
den linken, längeren Flurteil. Kurz vor einem Eckfenster des Flurs war dann die
Zimmernummer 327. Ein schönes, wertvoll eingerichtetes Zimmer, mit eigenem
Bad und WC, alles sehr wohlriechend, zeitlos modern und doch ein Tick
rustikal. Man kann das schlecht beschreiben, aber es war ein Stil, der eigentlich
jeden ein bisschen anspricht. Und tatsächlich, kaum schlossen wir mit der
Magnetkarte die Tür zum Zimmer auf, da stand unser eher spärliches Gepäck
schon links gleich hinter der Tür. Da man dort aber keine Einrichtung von der
modernen Gepäckanlage entdecken konnte, war meine Neugierde geweckt, wie
das denn wohl so schnell dorthin gelangt sein mochte. Wie so oft, war die
Erklärung viel einfacher, als man vermutet. Die moderne Beförderungsanlage
zischt das Gepäck nämlich nur auf einen von 2 Schächten in der jeweiligen
Etage. Neben jeder Ausgangsklappe dieser Schächte befindet sich ein kleines
Zimmerchen, vielleicht etwas größer als ein Kloraum, in dem ständig ein junger
Bediensteter sitzt, so eine Art Lehrling, der nur darauf wartet, dass in dem
Schacht neues Gepäck hoch geschossen kommt. Auf einem elektronischen
Anzeigefeld über dem Schacht leuchtet dann auf, in welches Zimmer das
Gepäck gehört, von dort aus nimmt es dann der junge Bursche in Empfang und
trägt es eilig in das jeweilige Zimmer. Das alles geht dann aber so schnell, dass
das Gepäck eigentlich immer vor den Leuten dort ist. Bei der Abreise
funktioniert die ganze Choose natürlich auch umgekehrt. Der Vorteil ist, dass
der Hotelgast sein Gepäck niemals im Hotel schleppen muss und auch die
Bediensteten brauchen es nicht von Stockwerk zu Stockwerk zu schleppen,
sondern nur von dem Gepäckschacht zum Zimmer. Trotz allem ein ziemlicher
Aufwand, denn wahrscheinlich werden ja auf jeder Etage 2 solcher
Gepäckschächte ankommen und auch 2 solcher Burschen ab dort dann das
Gepäck verteilen. Bei den insgesamt 4 Etagen, die das Hotel hatte, sind das
schon mal 8 Burschen in jeder Arbeitsschicht, die immer nur darauf warten, dass
Gepäck ankommt oder abgeht. Na mir solls egal sein, solange für uns der Preis
billig ist. Wie schon angedeutet, die Zimmer waren sehr schön, nahezu luxuriös
für unseren Geschmack. Auf jedem Zimmer gab es Telefon, Radio und
Fernseher, auch noch einen kleinen Kühlschrank, eine automatische Zimmerbar,
die durch eine Plexiglasscheibe Ausblick auf die gekühlten Getränke frei gab.
Wenn man dann eines auswählte, musse man zuerst seine grüne Zimmerkarte
einschieben, wonach das entsprechend an Knöpfen ausgewählte
Getränkefläschchen unten schön gekühlt raus kullerte. Am Abreisetag gab es
dann unten an der Reception über deren Computer eine Abrechnung über alle
Getränke, Telefonate u.s.w., die man in der Zeit genutzt hat. So eine
automatische Zimmerbar hatte ich zuvor auch noch nie gesehen. Im
Fernsehgerät gab es kostenlos etwa 100 verschiedene Programme zu sehen,
darunter sogar ein paar deutsche. Kayla fand den Programmplatz 99 sehr lustig,
denn wenn man den anwählte, flimmerte kein reguläres TV - Programm über
den Schirm, sondern das Bild von einer im großen Restaurant-Speisesaal im
Erdgeschoss fest installierten Kamera. Da konnte man dann gemütlich den
Leuten beim Essen zu sehen, was zuweilen wirklich lustig sein kann. Ein
ähnlich unterhaltsames Programm wurde auf dem Platz 98 geboten, da sah man
Bilder einer Außenkamera, die direkt über dem Haupteingang platziert war, man
konnte also immer sehen, was gerade vor dem Hotel so los war. Allerdings hatte
diese Kamera eine Macke, wodurch das Bild oft zersprang oder ganz ausfiel.
Aber wir waren schließlich nicht nach Nancy gefahren, um uns dort etwas im
Fernsehen anzusehen. Gleich am ersten Abend gab es eine wirklich ganz tolle
Sache. Ich erwähnte es oben schon, einfach grandios! Auf dem so genannten
Schloßplatz befindet sich an einer Seite das Rathaus. Das ist nahezu weiss
gestrichen und eignet sich daher gut, um auf der Außenwand wie auf einer
Leinwand etwas zu projezieren. Da haben Künstler eine gang tolle Bildershow
zusammengestellt, die in ihren Bildern auch meist irgendwie immer einen Bezug
zur Geschichte von Nancy hat. Das ist aber keine blanke Abfolge von Bildern,
sondern ein richtig aufwändig künstlerisch gestaltetes Ineinandergreifen von
mehreren Projektionen, die ihrerseits aus Animationen, Echtbildern, Filmfetzen,
Trickfilmpassagen, Cartoons und vielen solcher Sachen bestehen und die so eine
Art wandelndes Bildlexikon mit zusätzlich unterhaltsamem Charakter ergeben.
Also die das gemacht haben, da ziehe ich den Hut vor, das ist so wirklich
einzigartig. Passend zu diesen Projektionen erklingen dann über große, weit
verstreute Lautsprecher auch noch Erklärungen, Gedichte, Musik, Hinweise
u.s.w., die allerdings ausnahmslos in Französisch waren, wodurch ich sie nur mit
Kaylas Hilfe über Umwege verstehen konnte. Interessierte Zuschauer können
sich auf dem Platz dann Stühle in einem bestimmten Bereich mieten und sich
das in Ruhe ansehen. Der Eintritt bzw. die Stuhlmiete hatten wir frei, das war
mit einem grünen Billet, welches wir erhielten abgegolten. Pech hat nur der, der
ausgerechnet bei schlechtem Wetter dort ankommt, denn dann fallen diese
Vorführungen aus, weil ja alles unter freiem Himmel statt findet. Ich glaube,
diese Sachen gibt's auch nur im Sommer. Am Nachmittag, längere Zeit bevor
diese geschilderte Projektionsveranstaltung besucht wurde, hatten wir schon mal
den engeren Innenstadtbereich zu Fuß erkundet. Zu Fuß geht dort sehr gut, weil
viele Teile der Innenstadt großflächig zur Fußgängerzone erklärt sind. Trotzdem
sieht diese Fußgängerzone größtenteils total anders aus, als hiesige
Fußgängerzonen. Dort wirkt das mehr, als sei alles ein großer Platz, auf dem
verstreut einzelne Häuser stehen und der sich an seinen weiten Enden in
ausgreifende Arme verflüchtigt, also dort, wo er dann wieder in Straßen und
Wege übergeht. Erst wenn man einen bestimmten Bereich verlässt wird die
Bebauung dichter. Dadurch dass das Pflaster und die Bodenplatten in dem
Bereich vorwiegend sehr hell gewählt wurden, hat das alles eine völlig andere
optische Wirkung. Wir haben auch mal die Nase in einige Geschäfte gehalten,
da muss ich aber sagen, dass ich den Eindruck hatte, dass die meisten Waren
dort etwas teurer sind, als bei uns. Der Unterschied scheint nicht gravierend zu
sein, aber doch leicht feststellbar. Vielleicht lag das aber auch nur daran, weil
gerade die Geschäfte im Innenstadtbereich teurer sind und etwas weiter in den
Außenbezirken dann doch die gleichen Preise vorherrschen, wie hier. Sie
kennen das ja sicher auch von vielen Städten in Deutschland, wo es in den
Innenstadtgeschäften meist teurer ist, als in den Märkten in Randlage. So war
der erste Tag schon dicht gefüllt mit interessanten Dingen. Der zweite Tag
startete mit einem umfangreichen Museumsbesuch in einem riesigen
Kunstmuseum für zeitgenössische Kunst. Ich hätte nicht erwartet, dass man dort
ein solch ranghohes Museum findet, welches in einer vorwiegend angenehmen,
sehr modernen Atmosphäre namhafte Gemälde noch namhafterer Künstler zeigt.
Da findet man Klassiker wie Rubens ebenso, wie etliche Sachen von Picasso
oder Dali. Ich möchte sagen, dass wir in diesem Museum Zeit und Raum völlig
vergessen haben. Eingeplant waren etwa 2 bis 3 Stunden für dieses Museum,
weil wir ja nur diese 3 Tage hatten und da muss man mit der Zeit haushalten,
zumal wir noch einiges von der Stadt und der Landschaft drumherum sehen
wollten. Es war morgens gegen 9 Uhr, als wir das Museum betraten und als wir
raus kamen waren es bereits nach 16 Uhr. Wir hatten einfach nicht bemerkt, wie
die Zeit beim Gang durchs Museum verging. Noch nicht einmal unser Magen
hatte uns durch etwaige Hungergefühle darauf aumerksam gemacht, dass die
Mittagszeit längst fällig war. Für dieses Museum kann ich nur endloses Lob
zollen, ohne jetzt aber auf die einzelnen Kunstwerke einzugehen. Eine
Besonderheit bezüglich des Museums muss ich noch los werden, wenngleich sie
sicherlich nichts mit der dort ausgestellten Kunst zu tun hat. Kaum waren wir in
dem Museum, überfiel mich ein extrem starker Harndrang. Mit größter Mühe
schaffte ich es so gerade noch, eines der vielen Besucher - WC's des Museums
aufzusuchen. Kaum war ich von dort zurück, erging es Kayla genau so. Ab dann
überfiel uns spätestens jede halbe Stunde, eher sogar alle 20 Minuten dieser
starke Harndrang und das über mehrere Stunden. Normalerweise sagt man, das
kann doch nicht sein, weil wir dazwischen nichts mehr getrunken hatten und so
keinen Nachschub für weitere Harnproduktion geliefert hatten, aber trotzdem
war es so. Erst in den letzten beiden Stunden im Museum beruhigte sich diese
Sache. Ich vermute, dass das mit der besonderen Klimatisierung des Museums
zusammen hing, die das auslöste. Kaum waren wir aus dem Museum raus,
stellte sich schlagartig ein heftiges Hungergefühl ein und natürlich auch Durst.
Kayla schlug vor, in ein kleines Eckrestaurant zu gehen, welches ungefähr 300
m vom Museum entfernt lag. Das machten wir dann. Da ich des Französischen
überhaupt nicht mächtig bin, regelte Kayla das mit der Speisenauswahl alles,
worüber ich heilfroh war. Ich sage es ganz ehrlich, ohne Kayla würde ich mich
nicht in ein Land wagen, in dem man nicht deutsch spricht, weil ich da völlig
hilflos wäre. Nun wusste sie aber auch nicht genau, was sich hinter den
Speisennamen verbarg. Am Schluß bekamen wir eine etwas seltsam anmutende
Zusammenstellung aus einer Art Brathähnchenfilet, jeweils 2 Backhörnchen, die
mehr an solche süßen Schneckennudeln vom Konditor erinnerten und
zusammengepreßten Spinatquadraten. Spinat in dieser Form hatte ich zuvor
noch nie gesehen. Wie Würfel war der zusammengepresst. Nun gut, es
schmeckte in der Zusammenstellung und dann noch mit einer eigenartigen
graubeigen Soße völlig ungewohnt, aber nicht schlecht, ja sogar sehr interessant.
Nachdem Hunger und Durst gestillt waren, zeigte die Uhr schon 17.20 Uhr, man
kann sagen, der Tag war somit schon gelaufen. Man könnte ja mal nachts etwas
unternehmen, dachten wir uns. Da war auch schnell einiges gefunden. In einer
Konzerthalle bot gerade eine recht bekannte französische Sängerin, Patricia
Kaas heisst die, haben Sie vielleicht schon mal gehört, einen einstündigen
Auftritt als Warmlaufphase für eine größere Tournee durch Frankreich, Benelux
und Deutschland. Da der Eintritt über die Hotelreception zu einem Vorzugspreis
von nur 7 Euro zu haben war, beschlossen wir ohne jede Vorplanung spontan
das sozusagen mitzunehmen. Das war eine gekonnte Sache, würde ich mal
sagen, und wir waren erstaunt, wieviel Facetten diese Sängerin beherrscht, ich
kannte zuvor nur einige recht rockigen Stücke von der, aber die hat ein
erstaunlich breites Repertoire, wie dieses Kurzkonzert eindeutig bewies. Als
diese Darbietung vorbei war, war der Abend aber noch relativ früh und wir
landeten auf Anraten eines Hotelbediensteten in einer ganz üblen Spelunke,
kann ich Ihnen sagen. Verzeihung, aber ich sage es, wie es ist, ein richtiger
Hurenstall, der wirklich die untersten Klischees erfüllte, die man sich von so
was vorstellen kann. Irgendwie passte das Etablissement gar nicht zum
sonstigen Charme von Nancy. Billige Huren, die für ein paar Euro so ziemlich
alles anbieten, was man sich in dieser Hinsicht nur vorstellen kann, nein, das
war nicht unsere Welt und so waren wir da schneller wieder draußen, als wir
rein gefunden hatten. Ich räume ein, früher, vor Kaylas Zeit, wäre ich je nach
Stimmungslage vielleicht für so was manchmal empfänglich gewesen, aber dank
Kayla brauche ich so was heute nicht mehr und mir fehlt das auch nicht. Ha!
Noch am Rande bemerkt, so billig die Huren dort wohl waren, aber ein simples
Getränk, wie Cola oder Bier, kostete in dem Stall schon 12 Euro, billigen
Sektfusel, nix Champagner, wollte man sich sogleich ab 89 Euro aufwärts
entlohnen lassen, wohlgemerkt für ein Glas, nicht für eine Flasche. Da waren die
Huren noch das Billigste in dem Laden, so verrückt das klingen mag. Und
trotzdem war es in der Sex - Kaschemme brechend voll, wodurch der Inhaber
durch unseren schnellen Weggang dort gewiss nicht am Hungertuch nagen
muss. Dann sind wir noch etwas durch die Straßen gewandert und man muss
sagen, die haben ein Faible für Lichtspiele und optische Inszenierungen. Wie
oben erwähnt, diese Projektionen aufs Rathaus, die als Attraktion angeboten
werden, so findet man auch in der Stadt etliche Häuser oder Flächen, die mit
außergewöhnlichen Lichtspektakeln, Projektionen und sonstigem angestrahlt
werden. Vor allem vieles mit kräftigen bunten Farbspielen. Wieder im Hotel
angekommen, hatte man uns auf dem Zimmer per Zettel schon eine Nachricht
hinterlassen, dass wir am nächsten Morgen an einer organisierten Busrundfahrt
in die Umgebung teilhaben könnten, wohlgemerkt kostenlos! Das heisst, das war
eigentlich im Gesamtreisepreis enthalten, den wir aber nie bezahlt haben, wir
hatten ja nur die 25 Euro für die „Resteverwertung" bezahlt, aber das spielte bei
denen wohl keine Rolle. Für die Organisatoren gehörten wir mit zu der Gruppe,
wie jeder andere auch. Zuerst sind wir nach dem doch anstrengenden Tag wie
tot ins Bett gefallen und gleich tief eingeschlafen. Gegen 3 Uhr in der Frühe
wurden wir von einem tierischen Getöse aus dem Schlaf gerissen. Es war aber
harmlos. Im Flur war ein Etagenkellner mit einem riesigen Tablett voller Metall
- Trinkbecher auf die Schnauze geflogen. Man macht sich keine Vorstellung,
was für ein Geschepper solche harmlosen Becher auslösen können. Das Personal
arbeitet nachts teils weiter, die machen dann Aufräumarbeiten und so was,
wofür am Tag im Normalbetrieb keine Zeit ist, weil es stören würde. Nach
Klärung des Lärmgrundes sind wir dann gleich wieder tief eingeschlafen. Um 6
Uhr gings dann raus, fertig machen, frühstücken und punkt 7.15 Uhr startete der
Reisebus ins Umland gleich vor der Tür. Begleitet wurde die Tour neben dem
Busfahrer noch von einem Reiseführer, der sich Pascal nannte. Der sah etwas
ungewöhnlich aus, von der Seite glaubte man immer eine junge Frau vor sich zu
haben, weil er lange, wehende blonde Haare und weibliche Gesichtszüge hatte.
Aber dann im krassen Gegensatz dazu eine sehr tiefe Stimme. Er erklärte uns,
dass nun die Reise nach Baccarat in eine Glasmanufaktur gehe. Erst jetzt stellte
ich beim Überqueren etlicher Brücken fest, dass die gute alte Mosel auch durch
Nancy fließt. Die Franzosen nennen sie natürlich Moselle. Sehen Sie, da kennt
man zwar die Mosel in Deutschland, weiss aber gar nicht, wo die wirklich her
kommt. Kurz hinter Nancy verließen wir aber östlich das Moselgebiet,
überquerten den Marnekanal, in der Ecke waren wir schon mal kurz, als wir vor
etwa 2 - 3 Jahren mit dem Bus aus Ganada zurück kamen. Dann, vielleicht 50 -
70 km von Nancy entfernt, trafen wir in Baccarat ein. Ein beschauliches
Städtchen mit vielen einheitlichen Häusern. Eine Ortsbesichtigung stand dort
aber nicht auf dem Programm, sondern es ging gleich zu einer in der Nähe
gelegenen Glasfabrik, wo außergewöhnlich schöne Glaskunst hergestellt wird.
Aber da hatten die Organisatoren einen schweren Patzer gemacht. Die Fabrik
war nämlich geschlossen. Dort saß nur ein Pförtner am Eingangstor und
erläuterte dem Pascal, dass man aus Rationalisierungsgründen schon seit
längerem immer nur einige Monate arbeite, bis die Lagerhäuser an Ware wieder
voll sind und das vorrätige heisse Glas in der Glaswanne aufgebraucht sei. Dann
würde der Betrieb wieder für etwa 3 bis 4 Monate geschlossen, ehe er dann
wieder zur Fertigung von Nachschub neu angeheizt würde. Im Moment hätten
wir eben Pech, weil der Laden gerade seit 2 Wochen dicht sei. Er gab die
Empfehlung, dass wir uns ein spezielles Glasmuseum vor Ort ansehen sollten,
wo man die Produkte der letzten 300 Jahre sogar bestaunen könne, nur leider
nicht ihre Herstellung, was mich ehrlich gesagt mehr interessiert hätte. Na ja. So
ging es in das schöne Museum, welches in mehreren alten Arbeiterhäusern
untergebracht ist, die dazu innen durch Mauerdurchbrüche zu einem
Großgebäude zusammengelegt wurden. Das war schon toll, keine Frage, und
man kam aus dem Staunen nicht heraus, wie die Leute früher solche filigranen
Muster und Farbzeichnungen oder Schliffe so perfekt und auch so einheitlich ins
Glas gebracht haben. Die hatten ja kaum Maschinen und trotzdem sah ein Glas
aus wie das andere, obwohl alle Gläser dieser Serie einzeln von Hand gefertigt
wurden. So schön die Ausstellungsstücke auch waren, haben wir uns am
Ausgang nicht überreden lassen, von den heutigen Kollektionen z.B. an
künstlerisch gestalteten Trinkgläsern, welche zu kaufen. Schön waren die
zweifellos, aber hören Sie mal, 125 Euro für ein einzelnes Trinkglas, da weiss
ich andere Methoden das Geld zu verbrauchen, die effektiver sind, von denen
unsereins mehr hat. Nun war dieser Museumsbesuch deutlich kürzer, als es der
Aufenthalt in der laufenden Glasfabrik gewesen wäre. Dadurch kam der Pascal
mit seinem abzuarbeitenden Programm ziemlich in Schwierigkeiten. Von dort
sollte die Reise nämlich nur 20 km weiter zu einer Wanderung durch eine
frühere Grube gehen, in der besonders viele Fossilien gefunden wurden. Das
war aber nur unter fachkundiger Führung möglich, weil die Grube ein etwas
eigenartiges Gemisch aus Tagebau und Untertagebau ist, wo man nur mit
geschultem Führungspersonal rein darf. Da waren wir aber 2 Stunden zu früh
und der bestellte Führer noch nicht da. Diese Grube lag ziemlich abseits,
nebenbei nur ein kleines Dorf mit vielleicht 150 Einwohnern. So schlenderten
Kayla und ich etwas durch die Gegend, andere versuchten krampfhaft in dem
kleinen Ort eine Art Gaststube oder so was zu finden, weil sie Hunger und Durst
hatten. Damit hatten wir überhaupt kein Problem, weil wir uns vom Hotel -
Frühstück, was immer zu reichhaltig war, etliches für unterwegs eingepackt
hatten, ergänzt von solchen kleinen erfrischenden Orange- oder Apfelsaftbeuteln
waren wir damit gut versorgt. Die meisten anderen hatten darauf vertraut, immer
und überall etwas zu essen und trinken zu bekommen. Aber in dem 150 -
Seelendorf war in dieser Beziehung, wie wahrscheinlich auch in jeder anderer
Beziehung, tote Hose. Da gab es rein gar nichts. Gut, schöne ruhige Lage, fernab
von jedem Verkehr, hat ja auch seinen Reiz und seinen Wert, aber dort gabs kein
einziges Geschäft, keine Wirtschaft, kein Garnichts. Ich hatte manchmal sogar
den Eindruck, dass es dort noch nicht mal Einwohner gab, weil man sah
niemanden auf der Straße oder am Haus. Einige vorwiegend etwa 100 Jahre alte
Häuser in einer Art Bruchsteinbauweise, aber wieder völlig anders, als
Bruchsteinhäuser bei uns aussehen, die im Zustand vorwiegend alle relativ
marode wirkten und die sich entlang der Haupt - Dorfstraße aufreihten sowie in
2 oder 3 kleinen Seitensträßchen verstreuten. Ein solch totes Dorf habe ich
zuvor noch nie gesehehn. Da ist selbst bei uns zuhaus in der Siedlung noch mehr
los, obwohl da ja sogar nur 5 Häuser und die Fabriksachen stehen. Das einzige
lebende Objekt, was sich dort bemerkbar machte, war ein einsames, weisses
Huhn, welches gackernd über die vereinsamte Straße stolzierte. So streiften wir
etwas in der Gegend herum, andere streiften in anderen Ecken der Landschaft
umher und zusehends ging die Koordination in der Gruppe verloren. Die Zeit
verstrich, irgendwann traf der Grubenführer ein und es sollte im Programm
weiter gehen, aber dafür fehlten dann rund 70 % aller Teilnehmer, die sich
inzwischen unauffindbar in der weiteren Umgebung verstreut hatten. Der Pascal
wurde schnell nervös und zappelig, weil alles nicht so lief, wie er sich das
eigentlich vorgestellt hatte. Der wurde regelrecht hysterisch, kann man sagen.
Soweit das zu Fuß machbar war, durchstreiften die schon vorhandenen
Teilnehmer noch mal die wenigen Straßen von dem Nest, um dort die verloren
gegangenen Mitreisenden aufzuspüren. Das brachte einen Teilerfolg, aber am
Ende fehlten immer noch 8 Leute. Unterdessen setzte der Grubenführer dem
Pascal ein Ultimatum, dass er wieder nach Hause gehen würde, wenn nicht
spätestens in einer halben Stunde alle da wären. Als Option bot er an, die
Führung wie geplant, aber dann nur für die kleinere, unvollständige Gruppe
durchzuführen. Eigentlich die naheliegendste Möglichkeit, aber damit war, aus
mir unbekannten Gründen, der Pascal überhaupt nicht einverstanden. Kayla
meinte, das habe vielleicht versicherungstechnische Hintergründe, was gut
möglich ist. Die 8 Leute waren und blieben verschwunden und so fiel die
Führung ins Wasser. Der Grubenführer stritt sich noch eine Weile mit dem
Pascal in französisch, wobei der Pascal wild gestikulierend sichtlich genervt
herum zappelte. Dann setzte sich der Grubenführer in einen betagten, rundum
unten schon stark rostenden Peugeot - Lieferwagen und fuhr davon. Der Pascal
telefonierte per Handy mehrmals herum und bekam von seinem
Gesprächspartner am anderen Ende wohl eine bestimmte Adresse in diesem tot
wirkenden Kaff genannt, wohin er sich wenden soll. Er fand das selbst komisch,
machte es aber. Er ging dann zum vierten oder fünften Haus in der Hauptstraße
von diesem Nest, ein leicht rötlich gestrichenes Haus, dort klingelte er. Nach
einiger Wartezeit trat eine sehr voluminöse Frau heraus, die ihn dann zu uns hin
begleitete. Sie werden sich sicher fragen, warum ich den seltsamen Begriff
„voluminös" verwende und nicht einfach sage, dass sie dick war, aber das hat
seinen Grund. Die Dame war wirklich sehr voluminös und das Wort „dick"
beschreibt ihre Figur nicht. Wenn ich sage, jemand ist dick, dann bezieht sich
das in erster Linie auf den Bauchbereich und gewisse Speckanteile, vielleicht am
gesamten Körper, besonders meist an Oberarmen, Beinen u.s.w., aber diese Frau
war in alle Richtungen, die es gibt im erheblichen Übermaß, wenn man so will.
Sie war sehr groß, schätzungsweise fast 2 Meter, sie war sehr breit, also in den
Schultern und überhaupt der ganze Körper war sehr breit, so wie man es bei
einem Mann als Kleiderschrank bezeichnen würde, und bei alle dem war sie
dann natürlich auch noch sehr dick, also der angesprochene Bauchbereich und
diese Dinge. Also alles, was an einem Menschen dick und übergroß sein kann,
war an dieser Frau auch übergroß, jedenfalls soweit man das „von außen" sehen
konnte. Entgegen ihrem total schockierenden Äusseren im King - Size - Format,
hatte sie eine sehr schöne Stimme und wenn Sie nur deren Stimme gehört hätten,
würden Sie glauben, eine ganz extrem tolle und schöne Frau zu hören. Ich
schätzte sie um die 30 Jahre alt, aber so genau vermochte man das bei dem
trügerischen Gesamtbild nicht zu erkennen. Nun hieß es, dass diese
Kampfmaschine von einem Weib uns diese Grube genau so gut zeigen könne,
wie der entschwundene Grubenführer. Na gut, warum auch nicht, dachten wir.
Soweit kam es allerding erst gar nicht, weil der Pascal nun wieder der
entspannte und eher witzige Typ wurde und hinter der voluminösen Frau im
Watschelgang schaukelnd hinterher schritt und dabei so ein wenig die Gangart
nachahmte, wie die Sumo - Ringer aus Japan vor dem Kampf schaukelnd
aufeinander zu watscheln, so wankend von einem Bein auf das andere
stampfend. Das war zwar als lustige Einlage gedacht, natürlich auf Kosten der
Frau, weil er sie damit ja in gewisser Weise verunglimpfte, zumal er dabei noch
bei jedem Schritt mit dem Mund so was wie „Bomm, bomm, bomm" vor sich
her brummte. Die Frau bekam das auch mit, trat den Pascal vors Schienbein,
was uns wiederum belustigte, ihn natürlich nicht, drehte sich um und ging
wieder nach Hause, wobei sie leise vor sich her schimpfte. Damit war die
Besichtigung der Grube endgültig im Eimer, zumal es mittlerweile schon so spät
geworden war, dass die Reise weiter gehen musste. Das stieß auf neue
Probleme, weil die 8 fehlenden Leute immer noch nicht da waren. Der Busfahrer
dieser Besichtigungsreise, der nichts mit dem Busfahrer des Busunternehmers
aus Stuttgart zu tun hatte, es war auch ein anderer Bus eines örtlichen
Unternehmers aus der Region, ein sehr kleiner, hagerer Mann mit dickem
Schnauzbart, bei dem man immer den Eindruck hatte, dass er den Schnauzbart
brauchte, um sich dahinter zu verstecken, begann dann mit dem Reiseleiter
Pascal zu diskutieren. Eigentlich war es längst Zeit, zum nächsten Reiseziel
dieser Regionaltour aufzubrechen. Nun schien es jedoch dem Pascal unmöglich
zu sein, die 8 fehlenden Teilnehmer einfach zurück zu lassen, was der Busfahrer
nicht akzeptieren wollte. Wie Kayla aus der Diskussion heraus verstehen konnte,
wollte der Busfahrer darauf bestehen, nun halt ohne die 8 Leute weiter zu
fahren, da es deren eigene Schuld sei, wenn sie sich so weit und unauffindbar
von der Gruppe entfernen würden. Dann sollten sie halt zusehen, wie sie auf
eigene Kappe wieder zurück kommen. Der Pascal meinte jedoch das könne man
keinesfalls machen, notfalls müsse eben das restliche Reiseprogramm
zusammen gestrichen werden. Sie können sich vorstellen, dass den vorhandenen
Reisenden das aber auch nicht so recht gefiel, weil man sich schöneres
vorstellen kann, als in dieser eher langweiligen Ecke weitere Stunden auf die
Entschwundenen zu warten. Und wer weiss, ob die nicht längst einfach per Taxi
zurück nach Nancy gefahren sind und wir Idioten dort noch stundenlang ohne
Sinn und Zweck auf die warten. Der Busfahrer setzte dem Pascal ein Ultimatum
von 30 weiteren Minuten, dann würde er in jedem Fall mit dem Bus wieder
zurück nach Nancy fahren, weil er dort einige Zeit später eine andere Bustour
übernehmen müsse. Die 30 Minuten verstrichen und so kam, was kommen
musste. Der Busfahrer blies zur Abfahrt und auch ein noch so schimpfender
Pascal konnte ihn daran nicht hindern, also sind alle notgedrungen in den Bus,
auch der Pascal, und die Rückreise dieser etwas mißlungenen Tour startete.
Etwa 5 km von dort zurück in Richtung Nancy wurden dann 7 der 8 fehlenden
Mitreisenden in einem etwas größeren Dorf am Ortseingang zufällig
aufgegabelt, wohin die zu Fuß gewandert waren. Nur einer blieb verschollen.
Der sei die ersten 20 Minuten noch mit diesen 7 mitgewandert, habe dann aber
einen anderen Weg über abseitige Feldwege eingeschlagen, während diese 7
einfach entlang der Straße dorthin gewandert waren. Nun war auch der Pascal
wieder mehr beruhigt, fluchte aber ziemlich, dass die ganze Reise doch eher ein
Reinfall war. Wir ärgerten uns ehrlich gesagt auch etwas, weil wir dadurch ja
einen erheblichen Anteil an wertvoller Zeit verloren hatten. Da wären wir lieber
auf eigene Kappe durch Nancy und Umgebung gestreift. Der Oberwitz kommt
noch, denn als wir in Nancy angekommen wieder ins Hotel gingen, begegneten
wir gleich unten im Hotelrestaurant dem fehlenden Mitreisenden, der saß zu
dem Zeitpunkt schon gemütlich am Tisch und verspeiste so einen komischen
Fischteller, der dort als Spezialität des Hauses ständig angepriesen wurde.
Dieser Fischteller konnte uns aber nicht begeistern, im Gegenteil, wir fanden
den eher eklig. Es stellte sich heraus, dass dieser Abtrünnige gleich nach dem
Verlassen der Gruppe zwar kurz auf einem Feldweg gewandert war, dann aber
tatsächlich an einer Landstraße ein Taxi fand und sich davon zurück nach Nancy
kutschieren ließ. Doch genug zu diesem misslungenen Tagesausflug. Wir
nutzten den kargen Rest des Tages, um vorwiegend zu Fuß noch etwas von
Nancy zu erkunden. Übrigens, da fährt man rund 250 km woanders hin, um
dann erst dort erstaunt festzustellen, dass Nancy die Partnerstadt von Karlsruhe
ist, was wir vorher überhaupt nicht wussten. Auf einem bunten Schild stand das
dort. Ich habe mich dann immer gewundert, dass man dort offensichtlich den
Komponisten Bach sehr verehrt, denn an allen möglichen Ecken fand man
Bildnisse, Symbole und Zeichnungen, die vermeintlich das Konterfei eines noch
relativ jungen Johann - Sebastian Bach zeigten. Wie sich uns erst am letzten Tag
eröffnete, war das gar kein Bildnis von Bach, sondern von einem Stanislaus
Lescynsky oder so ähnlich, der früher mal polnischer König oder so was war
und nach einem Krieg nicht mehr polnischer König blieb, sondern irgendwie
dafür die Gegend um Nancy als Herzog, sozusagen zum Trost, zugesprochen
bekam. Dort soll er aber wohl einiges bewirkt haben, besonders auch Bauherr
vieler bedeutender Schlösser, Häuser, Plätze und Anlagen in und um Nancy
gewesen sein, so dass man ihn heute noch verehrt, obwohl das alles schon 250
Jahre her ist. Also der muss dem Bach sehr geähnelt haben, wenn man diese
alten Karikaturen von selbigem mal so sieht. Zig Straßen, Plätze und Wege, aber
auch Häuser und öffentliche Einrichtungen sind irgendwie nach diesem
Stanislas benannt und wenn man das nicht kennt, rennt man schnell in die Irre.

Am gleichen Abend war ein großes, kostenloses Abendessen im Hotel angesagt.
Das heisst, kostenlos war es eigentlich nicht, sondern im Reisepreis enthalten.
Dabei muss man aber sagen, dass es eben nur im normalen Reisepreis enthalten
war, der vom Hauptveranstalter für seine Gäste bezahlt wurde, wozu wir ja
genau betrachtet nicht zählten. Offensichtlich war das der Hotelführung nicht
bekannt oder egal, ich vermute ersteres, jedenfalls rechnete man uns so dazu, als
wären wir  ganz normale Mitglieder dieser Reisegesellschaft und somit erhielten
auch wir eine persönliche Einladungskarte aufs Zimmer zu diesem kostenlosen
Abendessen. Sie kennen uns inzwischen so gut, dass es auf der Hand liegt, dass
wir da nicht nein sagten. Das große Fressen, wie ich die Veranstaltung
scherzhaft nannte, ging um 18.30 Uhr los. Wir gingen runter ins Hotelrestaurant,
welches über 3 unterschiedliche Speisesäle verfügt, einen großen Hauptsaal, der
sich u-förmig um die Hauptküche über einen großen Teil des Erdgeschoßes
erstreckt. Das ist ein schier riesiger und völlig unüberschaubarer Raum, mit
endlosen Tischreihen und ebenfalls reichhaltig altmodischer
Glühbirnenbeleuchtung, die einen gefühlsmässig ein wenig ins Jahr 1950
versetzt. Energiesparer würden sich dort gewiss nicht heimisch fühlen. Zurück
zu den Tischreihen, davon sind viele so lang aneinander gestellt, dass dadurch
zusammenhängende Tischeineiten von locker 40 Metern entstehen, eigentlich
eine ungemütliche Saalatmosphäre, wenn da nicht die recht altbacken -
vornehme Jugendstil - Ausgestaltung wäre. 2 weitere kleinere Speisesäle
schließen sich im Bereich hinter der Küche an, wovon einer auch noch recht
groß ist und für besondere geschlossene Veranstaltungen gemietet werden kann,
während der kleinere ständig geöffnet ist, aber nur für Wohlbetuchte, die dort
gegen entsprechend höhere Preise einen noch besseren Service erhalten. Das soll
keineswegs heissen, dass der Service hier in unserem Bereich zu wünschen
übrig ließ, das war schon in einer Kategorie, die uns persönlich mindestens 5
Nummern zu nobel erscheint. Wissen Sie, nobel und edel ist ja zuweilen ganz
schön, aber ich fühle mich in solchem Ambiente nicht wirklich wohl. Da komme
ich mir vor wie ein Fremdkörper und ich finde das unbehaglich und hohl. Viele
Leute machen ein Gehabe um sich und ihre Lebensart und alles zum reinen
Selbstzweck, sie projezieren in sich selbst eine Bedeutung hinein, die sie nicht
haben und wahrscheinlich auch nie erlangen werden. Ich hasse eigentlich solche
Hohlfiguren, wie ich die immer nenne, aber habe normalerweise trotzdem kein
Problem damit, weil ich Leuten solchen Schlages im normalen Leben immer
problemlos aus dem Weg gehen kann und die nicht (be)achte und nicht würdige.
In diesem speziellen Fall hier ging das aber verständlicher Weise nicht so ohne
weiteres.
Kayla tut sich mit solchen Situationen wesentlich leichter als ich, sie ist da
deutlich wandlungsfähiger. Man könnte überspitzt sagen, sie ist das Chamäleon
in unserer Gemeinschaft und das macht sie ganz geschickt. Ich meine das
keineswegs abwertend, im Gegenteil, ich sehe darin eine besondere Fähigkeit,
die mir selbst völlig abgeht. Sie perfektioniert das zuweilen so, dass man
glauben könnte, dass sie sich zeitlebens nie in anderer Gesellschaft aufgehalten
hätte. Ich finde das durchaus gut, denn dadurch erleichtert sie in solchen
Situationen die notwendige Kommunikation und alles drum herum. An den
endlos langen Tischreihen waren immer Tischgrüppchen vom Veranstalter
zusammengestellt worden, wo man dann Namenskarten aufgestellt hatte, so dass
man alsbald seinen Tisch, bzw. seine Sitzecke fand. An jedem Platz waren in
greifbarer Nähe schon zahlreiche Menübestandteile aufgebaut und es duftete
herrlich nach den edelsten Speisen. Das war schon gekonnt gemacht. Man
wollte, soweit wie möglich, den Leuten eine reichhaltige und vor allem
abwechslungsreiche, stark unterschiedliche Auswahl bieten, ohne dass da
ständig irgendwelche Kellner herumflitzten und jedem Gast sein persönliches
Menü nachtragen mussten. Es war also eine Art warmes Büffet, nur ohne Büffet,
bzw. wo die zu wählenden Menübestandteile gleich vor einem in jedem
Tischgrüppchen standen. Probleme hätte es höchstens dann geben können, wenn
alle Gäste in der Tischgruppe das gleiche Menü zusammengestellt hätten. Aber
so war das schon toll. Egal ob Backwaren, Nudeln, Reis, Kartoffeln, mindestens
20 Gemüsesorten, 30 verschiedene Frischsalate, Fleisch in allen erdenklichen
Varianten, besonders immer wieder hevorzuheben unzählige Fischgerichte,
Meeresfrüchte, labberige Muscheln, Hummerzeugs, Pilzgerichte, äusserst
einfallsreiche Desserts und Speiseeis und auch an Getränken blieb kaum ein
Wunsch offen. Kayla meinte schon unter vorgehaltener Hand zu mir, dass dieses
Abendessen für die ganze Reisegesellschaft zusammengerechnet mindestens
5.000 Euro, eher das Doppelte, kosten würde. Aber noch war ja Anfang. Wir
nahmen Platz wo unsere Namensschildchen standen und waren gleich sehr
erfreut darüber, dass wir 2 rare Eckplätze am Ende der Tischreihe erwischt
hatten und die Anordnung so war, dass Kayla mir direkt gegenüber saß. Somit
hatten wir beide einen Eckplatz, wo man immer gut weg kommt, wenn man
genug hat oder mal aufs Klo muss und wo man vor allem beim Essen nicht
irgendwelchen Fremden gegenüber sitzt. Ich hasse es, beim Essen wildfremden
Leuten gegenüber zu sitzen und mir von denen beim Essen zuschauen zu lassen.
Etwa 5 Plätze weiter in Richtung Tischgruppenmitte fiel mir gleich auf, dass an
einem Platz ein Suppenteller weniger stand, als an allen anderen Plätzen. Die
Gäste für diese Plätze waren aber noch nicht gekommen, dort war noch alles
frei. Wir saßen so da, langsam füllte sich der Saal. Einige pikfein gekleidete
Kellner mit Jackettwesten, die rubinrot - seidig schimmerten, also eine tolle
Arbeitskleidung, hasteten eiligen Schrittes zwischen den Tischreihen her und
ergänzten die büffetartigen Menüs. Eine Art Oberkellner, der die unter seinen
Fittichen hatte, schritt alle Reihen mit kritischem Blick ab und entdeckte dabei
alsbald den fehlenden Suppenteller. Mit energischem Blick rief er einen ganz
bestimmten Keller dort hin. Der kam dann auch, ich verstehe ja kein
Französisch, aber laut Kayla, beteuerte dieser Kellner, dass er 100 %ig auch dort
einen Suppenteller hingestellt habe. Irgend jemand müsse den an sich
genommen haben, war seine Schlußfolgerung. Der Chefkellner befand dies als
den Versuch einer Ausrede, wogegen sich der dadurch gedemütigte Kellner aber
sofort entschieden und erstaunlich lautstark wehrte. Er beschwor fast schon
brüllend, dass er überall komplette Tischeindeckungen aufgebaut habe. Dann
kam ein anderer Kellner hinzu, der beteuerte, dass er selbst gesehen habe, dass
sein Kollege alle Teller ordnungsgemäss platziert habe und dass er sich sicher
sei, dass der fehlende Suppenteller vor einer halben Stunde noch dort stand.
Durch diese Bestätigung bekam der Oberkellner wohl gewisse Zweifel an einem
möglichen Fehlverhalten seines Untergebenen und empfand es als
ungeheuerlich, dass jetzt schon Gäste dort die Teller stehlen würden. So etwas
habe es in der 150jährigen Geschichte des Hauses noch nie gegeben und es
zeige, mit welchem Abschaum man sich heute herum schlagen müsse. Das
wiederum hörte ein leitender Angestellter des Hotels, der wohl davon ausging,
dass viele der Reisenden auch Französisch verstehen würden und dass solche
Auseinandersetzungen vor den Gästen einfach nicht stattfinden dürften.
Daraufhin schimpfte der Chefkellner, wo man denn hier wäre, dass nun schon
Teller gestohlen würden und morgen kämen vielleicht noch Serviettenschnorrer
angekrochen, nur um eine kostenlose Papier - Serviette zu erbetteln oder gar die
Krumen vom Fußboden zu fressen. Der leitende Angestellte wies den
Chefkellner dann aber barsch in die Schranken und verordnete ihm sofortige
Ruhe und keine weiteren Worte vor den Gästen. Ein gepflegt wirkender Herr
aus unserm Bus hatte das auch alles verstanden, ergriff den leitenden
Angestellten beim Arm und sagte lächelnd zu ihm, das sei ja wohl alles nicht so
schlimm. Daraufhin meckerte der einfache Kellner wieder irgendwas, Kayla
meinte, er habe so etwas gesagt wie, ja vielleicht hat dieser Herr ja den Teller
mitgenommen, wobei er auf den gepflegten Herrn zeigte. Dann ging aber eine
lautstarke Diskussion zwischen diesen allen los, so etwas haben Sie noch nie
erlebt. Ich dachte fast schon, dass dieser vorher so gepflegt und freundlich
wirkende Herr mit einer Gabel auf den Kellner los gehen wollte, weil er damit
heftig in der Luft herumstocherte. Der leitende Angestellte war fast den Tränen
nahe und mühte sich redlich den Streit zu schlichten. Es entstand schon ein
richtiger Tumult, in den sich noch weitere Leute, teils aus unserer Reisegruppe,
aber auch andere sowie weitere Hotelbedienstete einmischten. Also so ein
Riesentheater wegen eines einzelnen verschwundenen, blöden Suppentellers und
das wo die doch bestimmt 50.000 solcher Teller haben, das verstehe ich nicht.
Jeder normale Oberkellner hätte gesagt, dann holen wir halt einen neuen und
ergänzen den, fertig. Was soll so ein blöder Teller schon wert sein? Also ich
fand die Teller von denen nicht irgendwie besonders wertvoll, gemessen an der
sonstigen Ausstattung des Hotels sogar eher sehr schlicht. Wenn so ein Ding
vielleicht 3 oder höchstens 4 Euro wert ist, dann ist es viel, aber dafür solch
einen Zirkus zu veranstalten, das war schon eigenartig. Die Diskussionen um
den verschollenen Teller dauerten noch eine Weile an, währenddessen wir uns
schon mal über das wirklich gute Essen hermachten. Die so genannte
Meeresfrüchteplatte war überhaupt nicht mein Fall, so habe ich dieses glibberige
Zeug gemieden. Das war kein Problem, man musste ja nichts essen, was man
nicht wollte, dafür gab es reichhaltig genug andere Sachen, die man sich frei
auswählen konnte. Einen grandiosen Bäcker hatten die. Ich weiss, es wird
normalerweise kaum einer die tollen Brotsachen erwähnen, wenn er in einer Art
Feinschmeckerlokal isst, aber ich muss das einfach tun, weil diese Brotbeilagen
so unverschämt gut waren. Also ohne Quatsch, ich hätte mich alleine an den
tollen Broten satt essen können, obwohl die eigentlich mehr nur zur Abrundung
und zur Geschmacksneutralisation zwischen verschiednen Sachen gedacht
waren. Kayla war unterdessen von überbratenen Hähnchenfilets sehr angetan.
Die sahen überhaupt nicht nach Hähnchen aus, sondern mehr wie ein glasiert-
panniertes Schnitzel, aber die waren so raffiniert gewürzt und gebraten, toll!
Zwischendurch tauchte dann eine sehr elegant gekleidete Dame auf, deren
Kleidung nicht nur elegant, sondern auch sehr extravagant war. Ein Kleid,
welches hinten mit einer Art hochstehenden hauchdünnen Federn besetzt war
und dazu einen passenden Hut mit ähnlichen Federn, Kayla bezeichnete diese
Dame auf Anhieb treffend als Pfau. Kaum betrat die Dame den Raum,
verstummten sofort die nach wie vor noch heftigen Diskussionen um den blöden
Suppenteller. Wie sich heraus stellte, war diese Dame die Haupt - Chefin von
dem ganzen Hotel, oder wohl sogar die Eigentümerin. Mit dezenten, aber
offensichtlich bestimmenden Worten mahnte sie die Kellner und besonders den
Oberkellner. Man kann nicht sagen, dass sie die zur Sau gemacht hat, das lief
alles auf die feine, sanfte, aber nicht minder heftige Tour ab. Man sah förmlich,
wie die Beschäftigten in ihrer Gesellschaft zu bedeutungslosen Zwergen
zusammen schrumpften, genau dieser Eindruck drängte sich mir bei dem
Anblick auf. Die Suppenteller - Diskussion war schlagartig vergessen, ein junger
Bursche eilte aus der Küche herbei und ergänzte den fehlenden Suppenteller
wort- und gestenlos, so mehr im Vorbeigehen und damit war die Sache plötzlich
gut und ausgestanden. Doch zurück zu den gekonnten Menüs. Also jetzt können
wir nur bestätigen, wenn man den Franzosen nachsagt, dass sie etwas von
gutem, feinen Essen verstehen, dann trifft das den Nagel auf den Kopf. Also
diese Geschmacklichkeit, einfach umwerfend. Ich bin gewiss kein Kenner auf
dem Gebiet, kein Feinschmecker, wie man so sagt, und würde mich noch nicht
mal als Hobbykoch bezeichnen, wenngleich ich auf uns bezogen sagen kann,
dass mir das, was ich koche, auch meistens gelingt und wir damit geschmacklich
voll zufrieden sind. Kayla ist, nach meiner Meinung, eine absolute Meisterin in
der Zubereitung von Gemüsen aller Art, mit Fleischgerichten tut sie sich
hingegen schwer, da kann ich dann eher helfend eingreifen, aber wie schon
gesagt, trotzdem würden wir uns noch nicht mal als Hobbyköche bezeichnen,
weil man damit immer bestimmte Ambitionen verbindet, die wir nicht haben.
Aber was dort geboten wurde, sprengte unsere Vorstellungkraft von dem, was
wir bis dahin unter schmackhaft oder wohlschmeckend verstanden haben. Ich
würde mir erst gar nicht zutrauen, solche Gerichte mit dem gleichen Ergebnis
nach zu kochen, deshalb lasse ich es auch. Sei es drum. Die geschmackliche
Vielfalt war schon so, dass sie zugleich unsere Neugierde auf eben diese Vielfalt
weckte und so haben wir uns bei der Veranstaltung wirklich ordentlich die
Bäuche voll geschlagen. Man mag uns deshalb vielleicht schräg ansehen und für
Schnorrer oder Vielfraße halten, aber das war uns in dem Moment auf deutsch
gesagt scheißegal. Wann hat unsereins schon noch mal die Gelegenheit, solch
eine Vielfalt an Wohlgeschmäckern zu erleben? Wahrscheinlich im ganzen
Leben nicht mehr. Wie schon weiter oben erwähnt, nur der Meeresfrüchte -
Kram blieb von uns unangetastet, aber sonst haben wir so ziemlich alles
durchprobiert, was dort geboten wurde. Natürlich rächt sich solch ein Verhalten.
Bei mir noch mehr, als bei Kayla, die auf Grund ihres jüngeren Alters und ihrer
gesundheitlichen Zähigkeit mehr wegstecken kann, als ich alter Zausel. Um es
klar zu sagen, nachts wurde mir so schlecht von der ganzen Fresserei, dass ich
einiges davon wieder ausgespeit habe, wenn Sie wissen was ich meine. Das ist
mir schon lange nicht mehr passiert und sollte mir eigentlich auch nicht
passieren, aber die Verlockung war einfach zu groß. Kayla haderte zwar auch
etwas mit ihrer Befindlichkeit, aber so weit kam es bei ihr dann doch nicht. Zum
Glück war im Nachbargebäude eine Apotheke, die sogar bis 1 Uhr nachts
geöffnet hatte und dort beschaffte Kayla sagenhaft gut wirkende Tabletten gegen
diese Magenbeschwerden. Die bekam man dort auch völlig ohne Rezept und für
nur 2,50 Euro die 20iger Packung. Ich vermute, dass die Apotheke dieses
Magenmittel sehr häufig verkauft, weil das dort durch die vielen gebotenen
Leckereien entsprechend oft vorkommt, dass sich die Leute überfressen. Das
Mittel half wirklich hervorragend, etwa 30 Minuten nach der Einnahme war ich
sämtliche Beschwerden los. Rund eine Stunde später war dann noch mal ein
dicker Toilettengang angesagt, bei dem man sich der angefressenen Mengen auf
normale Weise entledigen musste. Auch Kayla hat zur Sicherheit dann eine
genommen und fühlte sich kurz danach wieder wie neu geboren. Allerdings man
sagt das so. Durch diese Entwicklung gab es in der Nacht nur wenig Schlaf und
deshalb waren wir am nächsten Morgen ziemlich kaputt und schläfrig.
Eigentlich hatten wir vor, an diesem schon letzten Tag ein Auto zu mieten und
in Eigenregie das Umland zu erkunden. Aber ich sage es ehrlich wie es war, ich
war so müde, das ich mich dafür nicht fit genug fühlte. Kayla erging es ähnlich,
wenngleich sie fitter war, als ich. So verzichteten wir darauf im Sinne der
Verkehrssicherheit. Von der Firma, die die gesamte Reise eigentlich bestellt
hatte, wurde eine Rundreise durch etliche Kaufhäuser und ähnliche
Kaufparadiese angeboten, was uns aber ehrlich gesagt nicht die Bohne
interessierte. Wissen Sie, da wurden solche Fassadentempel für eingebildete
Leute abgeklappert und da wir ohnehin nicht viel Geld ausgeben wollten, bot es
sich mehrfach an, dabei nicht mit zu machen. So blieben wir zunächst mal bis
kurz nach 10 Uhr im Hotel. Dann wurde kurioser Weise das Wetter schlechter
und unsere Befindlichkeit zugleich noch mal deutlich besser. Die
Nachwirkungen des Überfraßes in der vergangenen Nacht verschwanden mit
Einzug des Regens nahezu schlagartig. Komisch, ob das Wetter da wirklich
einen Einfluß auf solche Unpäßlichkeiten hat und dann noch in umgekehrter
Wirkung, also gutes Befinden bei schlechtem Wetter? Wahrscheinlich war es
nur Zufall, weil vielleicht bis zu diesem Zeitpunkt auch die restlichen
Nahrungsmittel der Vornacht, die man noch nicht ausgetreten hatte, größtenteils
durchverdaut waren und ihre belastende Wirkung verloren hatten. Bis zum Start
der Heimreise in Richtung Karlsruhe waren noch etliche Stunden, denn die
sollte um 18 Uhr starten. Also zu schade, um die Restzeit einfach im Hotel rum
zu hängen. Eine gut deutsch sprechende kleine Dame an der Rezeption des
Hotels gab uns einige Tipps und etliche Broschüren dazu, speziell über Dinge,
die man alle sogar zu Fuß im Umkreis des Hotels innerhalb von etwa einer
Stunde erreichen kann. Gut, das große Museum der zeitgenössischen Kunst
kannten wir ja schon; da gab es im näheren Umkreis auch noch weitere 3
Museen, aber wir hatten keine rechte Lust, diese verbleibenden Stunden drinnen
in Museen zu verbringen, obwohl es bei dem inzwischen verfestigten
Regenwetter auch keine schlechte Idee gewesen wäre. Eine Broschüre wies auf
ein so genanntes Überraschungs - Kaufhaus hin, welches ständig etwas
eigenartige Ideen in Kauflandschaften umwandeln würde. Da das nicht sehr weit
war, entschieden wir uns dafür, allerdings gleich mit der Einschränkung, dort
nach Möglichkeit nichts zu kaufen, um die Gesamtkosten der Reise niedrig zu
halten. So verrückt dieser Laden auch war, wir haben es keine Sekunde bereut
da rein gegangen zu sein. Man muss bedenken, es war Ende September, aber
schon gleich hinter dem Eingang schritt man in ein riesiges Weihnachtsparadies.
Eine sehr eigenartige künstliche Landschaft, ein dunkelblauer Dachhimmel,
ausgekleidet mit abertausenden Sternen die weisslich, bläulich, goldig und teils
auch rötlich glimmten. Ich vermute, dass da solche kleinen LED - Lämpchen
drin waren. Man dachte an nichts schlimmes, da schwebte auf einmal von der
Decke eine Art Engelsfigur über einem herein, die unter einer Fanfare aus
Weihnachtsklängen die Kunden begrüsste. Ich sagte schon zu Kayla, dass mir
das mehr eine Art Weihnachtskirmes zu sein scheint. So in
Weihnachtsstimmung eingelullt folgte dann aber der Bruch, der Weihnachsengel
ließ die Hüllen fallen und entpuppte sich als junge hübsche Badenixe im Bikini.
Das Licht änderte sich und aus der Weihnachstlandschaft wurde binnen weniger
Minuten durch geschickte Ausleuchtung, Projektionen in einen halbrunden
Raum und eine drehbare Präsentationsbühne eine absolut toll ausgestaltete
Strandlandschaft mit Palmen und ähnlichem Zeugs, wie in Hawaii oder sonstwo
in der Südsee. Erst jetzt begriff ich das Konzept, denn alle Dinge, die man dann
dort sah, konnte man kaufen, natürlich nicht die Badenixe - vormals Engel, aber
solch ein Bikini oder auch die ganzen Ausgestaltungsgegenstände. Man mag es
zunächst vielleicht als Kitsch abtun, aber das war so gekonnt umgesetzt, dass es
schon eine Sonderform von Kunst war, würde ich sagen. Überhaupt scheint man
in Nancy einen Hang zu Projektionen aller Art zu haben. Wie ich viel weiter
oben schon erwähnte, die Geschichtsshow in Form von Projektionen auf die
Rathauswände am Abend und dann das hier, oder es werden auch an anderen
Stellen oft Projektionen verwendet, zB. als Informationssystem. Auf mehreren
Etagen, die nach Artikelgruppen unterteilt waren, wurden so in diesem absolut
ungewöhnlichen Kaufhaus alle möglichen Sachen feilgeboten. Gekauft haben
wir dort wirklich nichts, weil ganz offensichtlich die aufwändige Show mit auf
die Preise geschlagen wurde. So kostete beispielsweise eine einfache 500er -
Packung Kopierpapier, wie man sie auch gerne für den heimischen Drucker
verwendet, gleich 8,95 Euro, also rund 9 Euro. Die bekommt man in Karlsruhe
im Normalfall schon für 3,90 Euro nachgeworfen. Nun wird natürlich keiner
nach Frankreich fahren, um sich dort Kopierpapier zu kaufen oder sich
ausgerechnet so was als Reisemitbringsel zuzulegen, ich sage das nur so als
Beispiel, weil es gerade mal ein Artikel ist, den man gut vergleichen kann.
Trotzdem ist dieses Kaufhaus sehr zu empfehlen, aber nur zum gucken. So
waren dort auch schnell 2 Stunden verflossen und eigentlich wurde es Zeit,
etwas zu essen. Aber durch die Eß - Strapazen der vergangenen Nacht war das
bestenfalls etwas, um uns das Gruseln beizubringen. Durst hatten wir
unterdessen wohl, so haben wir draußen eine etwas eigenwillige Traubenzucker
- Limonade getrunken, die einerseits herrlich erfrischend schmeckte, aber
andererseits für noch mehr Durst sorgte, als man vorher hatte. So kamen wir
nicht umhin, gleich danach ein Mineralwasser nachzuschütten, was übrigens
unverschämt teuer war, das hatten wir aber zu spät bemerkt. Man muss sich das
einmal vorstellen, an einer Art Büdchen, in Deutschland würde man es Kiosk
nennen, es war aber etwas größer, eher wie ein kleiner Laden mit Außentheke,
wurden da 10 verschiedene Sorten von Sprudelwasser angeboten, von ein paar
Cent pro Glas bis hin zu einem Zeug von 7 Euro pro Glas. Nur wir Dummen
hatten das natürlich nicht erwartet und einfach nur 2 Gläser Mineralwasser ohne
genauere Bezeichnung verlangt und daraufhin ein mittelteures für 3,80 Euro pro
Glas ausgeschenkt bekommen. Na ja, der eingefleischte Optimist hätte das dann
sicher positiv gesehen und gesagt, wir sollten uns doch freuen, dass man uns
dann nicht gleich das Zeug für 7 Euro pro Glas serviert hätte. Sei es drum, ich
bin denen auch nicht mehr wirklich böse deswegen, es zeigt nur, dass man heute
wirklich überall aufpassen muss wie ein Schloßhund, sonst wird man abgezockt
und über den Tisch gezogen wo es nur geht. Danach verblieben uns noch knapp
4 Stunden bis zur Abreise. 4 Stunden sind nicht wirklich viel, um etwas zu
unternehmen, aber andererseits zu schade, um nichts zu unternehmen, wo man
doch einmal da ist und wahrscheinlich so bald nicht wieder dort hin kommt.
Dann passierte etwas Lustiges. Kayla musste plötzlich dringend zur Toilette. An
einem großen Gebäude war eine Seitentür, die mit „wc" beschriftet war, so wie
ich es hier schreibe, mit kleinen Buchstaben. Nun denkt man, wc ist eine
internationale Abkürzung für eine Toilette, also Kayla dort rein. Da mir auch
inzwischen ein gewisser Drang entstand, bin ich mit gegangen und dachte, da ja
keine Unterteilung zwischen Mann und Frau an dieser Tür stand, dass diese
Aufteilung wahrscheinlich hinter der Tür erfolgt. Was aber hinter der Tür folgte,
war ein sehr langer Flur zwischen mit kostbaren Marmorplatten getäfelten
Wänden, der auf eine schön gestaltete matte Glastür zulief. Wir also diesem Flur
nach, in der Hoffnung an dieser Glastür auf das ersehnte Örtchen zu treffen.
Doch weit gefehlt, wir öffneten die Glastür und standen mitten in einem riesigen
Schalterraum einer noblen Bank, also ein Geldinstitut für Wohlbetuchte. So wie
die da rumliefen, schätze ich, dass sich da normalerweise keiner verläuft, der
nicht mindestens eine halbe Million Euro schwer ist. Es ist klar, dass wir mit
unserem simplen Outfit dort gleich als Fremdkörper jedem ins Auge sprangen.
Ein fein gekleideter junger Mann, schmal und riesengroß, kam relativ freundlich
auf uns zu und frage etwas auf Französich, was ich natürlich nicht verstand.
Kayla verstand es und fragte dann in ihrem etwas hakeligen Französisch zurück,
wo denn hier die Kundentoiletten wären, sie müsse mal ganz dringend. Etwas
verunsichert stutzte der Mann, grinste dann aber über alle zur Verfügung
stehenden Gesichtswinkel und zeigte ihr eine Nebentür, hinter der sie dann das
heiss ersehnte Örtchen fand. Da die Dringlichkeit meines Bedürfnisses sich noch
in überschaubaren Grenzen hielt, zog ich es vor, nicht auch noch Gebrauch von
dem Finanzörtchen zu machen. Kayla berichtete mir, dass die meisten Menschen
wohl nicht so ein nobles Wohnzimmer hätten, wie dort die Klos ausgestattet
waren. Diese „wc" - Tür war wohl eine Art Nebeneingang oder Notausgang und
hatte tatsächlich überhaupt nichts mit einem Hinweis auf eine Toilette zu tun.
Von dort war es nicht besonders weit zu unserem Hotel und so zog ich es vor,
dort schnell rein zu springen, um mein Geschäft zu erledigen. Danach waren
noch knapp 3 Stunden übrig. Da wir ohnehin Leute sind, die immer wenn es
geht einen zeitlichen Sicherheitsfaktor einbauen, wollten wir die letzte Stunde
komplett im Hotelzimmer verbringen und unser geringes Gepäck
zusammenstellen, um dann zeitig zum Reisebus zu gehen. Unter dieser
Betrachtungsweise blieben also noch höchstens 2 Stunden übrig. Da das Wetter
sich inzwischen wieder gebessert hatte, beschlossen wir dann noch mal über den
wunderschönen Place Stanislas zu schlendern. Das ist der große Platz mit dem
alten Rathaus u.s.w., den ich eingangs schon erwähnte, wo auch das von uns
besuchte Museum neben liegt. Vom Hotel aus war dieser Platz schnell zu
erreichen und dank seiner Größe und der einmalig schönen Gestaltung bietet er
viel Abwechslung, wo man 2 Stunden im Fluge verbringen kann, zumindest bei
schönem Wetter. Ein knotteriger Herr aus dem Hotel empfahl uns zuvor noch,
dass wir auch unbedingt einen anderen, kleinen Platz der Allianz besuchen
sollten, was aber in der kurzen Zeit nicht mehr ging. Das hat aber wohl nichts
mit der gleichnamigen deutschen Versicherung zu tun. Überhaupt gibt's in
Nancy schöne Plätze und historische Orte wie Sand am Meer. Da weiss man gar
nicht, was man sich zuerst ansehen soll. 3 Tage sind für Nancy effektiv zu kurz,
eine Woche ist das Minimun, würde ich sagen, was man braucht, um halbwegs
die wichtigsten Sehenswürdigkeiten kurz zu besuchen. Die Stadt hat eine
bestimmte, völlig eigenständige Wirkung auf uns als Besucher gehabt, die man
so mit keiner anderen Stadt vergleichen kann. Ich weiss nicht, wie ich es besser
ausdrücken soll. Es gibt viele Städte, die sind in wesentlichen Teilen
untereinander fast austauschbar, Nancy gehört mit Sicherheit nicht dazu, ist in
jeder Beziehung völlig eigenständig und irgendwie auf eine sanft - freundliche
Art beeindruckend. Nach nunmehr über 12 Stunden ohne Essen, Sie entsinnen
sich, wegen dem strapazierten Magen vom Vorabend, meldete sich dann doch
langsam der Hunger wieder. Das erschien auch sinnvoll, denn jetzt war noch
Zeit etwas zu essen, wenn man erst mal im Bus sitzt, hört das auf. Ich meine, in
dem Bus konnte man durchaus auch Kekse und Getränke in solchen
Tetrapackbeuteln kaufen, aber ich krümele bei der Fahrt nicht gerne im Bus
herum. Bei richtig langen Fahrten, wie seinerzeit nach Wien, da geht das
manchmal nicht anders, aber auf einer rund dreistündigen Fahrt kann man
getrost aufs Essen verzichten. Vielleicht ein kleines Getränk und einige
Halsbonbons, aber mehr auch nicht. So war aber vorher noch genug Zeit. Wir
entdeckten etwas versetzt in einer Nebenstraße von dem Platz ein kleines
Schnellrestaurant, wo man sowohl drinnen als wie auch draußen essen und
trinken konnte. Da zu dem Zeitpunkt wieder der herrlichste Sonnenschein war,
gab es natürlich nur eine Lösung: draußen. Eine winzig kleine Kellnerin kam
und bediente uns. Kayla ist ja schon nicht sehr groß, aber diese Kellnerin war
schon extrem klein, ich hatte die deswegen zuerst gar nicht als solche
wahrgenommen und dachte wirklich, das ist ein Kind was da rumläuft, vielleicht
von einem der Beschäftigten. Es war kein Kind, sondern tatsächlich die
Bedienung, bei näherer Betrachtung sah man dann auch am Gesicht, dass sie
eindeutig kein Kind mehr war, ich schätzte sie vom Gesicht her so um die 35 bís
40 Jahre. Ich vermute, dass man sie zu der Gruppe der Kleinwüchsigen zählen
kann, die man früher auch gerne als Liliputanerin bezeichnet hätte. Von der
Größe her kam das hin, nur bei den Liliputanern ist der Kopf meist im
Verhältnis zur Gesamtkörperhöhe viel zu groß und die Körperdicke ist bei denen
meist dem Alter entsprechend normal, nur dass die Höhe zu gering ist und die
Beine zu kurz sind, wenn man so will. Das war hier bei der kleinen Bedienung
nicht so, die war insgesamt viel kleiner, also die Hamonie zwischen den
einzelnen Körperpartien stimmte. Da wir von den gebotenen Speisen keine
wirkliche Ahnung hatten, wir aber in jedem Fall nur etwas kleines, ganz leicht
verdauliches essen wollten, hat Kayla der kleinen Frau das so gesagt. Daraufhin
empfahl sie ein kleines Kalbsmedaillion mit Gebäckkartoffeln und frischem
Mischsalat. Das haben wir dann bestellt. Besonders die Gebäckkartoffeln
interessierten mich, das hatte ich zuvor noch nie gehört, geschweige denn
gegessen. Weniger als 5 Minuten nach der Bestellung kam für uns beide das
fertige Menü schon und wir staunten nicht schlecht. Das Kalbsmedaillion war
wirklich ausgesprochen klein, wodurch wir uns keine Sorgen um eine erneute
Magenüberfüllung machen brauchten. Kayla machte schon Scherze darüber, so
in der Art, ob denn gleich auch noch das Mikroskop zum Auffinden des
Fleisches nachgereicht werde. Der Mischsalat war einfach super lecker frisch,
herrlich, so mag man Salat und für so einen gekonnten, leichten Salat lasse ich
sogar zur Not das schönste Fleischstück stehen. Das war hier wegen der
überschaubaren Mengen aber nicht notwendig.  Absolut einzigartig fand ich die
Gebäckkartoffeln. Die Dinger sahen wirklich aus, wie gekochte Salzkartoffeln
am Stück. Ihre wahre Substanz entpuppte sich erst beim zerteilen, denn innen
sahen die aus wie so ein Zitronenkuchen oder wie das Helle von einem
Marmorkuchen, also so ein wenig bisquitartig. Die schmeckten aber wirklich
sehr gut und gar nicht nach Kuchen, wie man nun auf Grund der inneren Optik
erwartet hätte, sondern etwas undefinierbar, vielleicht etwas vergleichbar mit
dem Geschmack von leicht gewürzten Semmelknödeln. Aber lecker und
wirklich sehr luftig leicht, bestens für Leute mit Problemen im Verdauungstrakt.
Im Gegensatz zum Reinfall mit dem teuren Sprudelwasser einige Stunden zuvor,
haben wir bei diesem Imbiss für beide Menüs einschließlich einem Glas Cola für
jeden zusammen 12,30 Euro löhnen dürfen, was gemessen an dem wirklich
ausgesprochen leckeren Essen als äusserst billig zu bezeichnen ist. Danach noch
mal kurz über den Platz vom alten Stanislaus zum Hotel und das wars dann
eigentlich schon mit dem Aufenthalt in Nancy. Der Reisebus kam überpünktlich.
Als wir in den Bus einstiegen, setzten wir uns auf 2 Plätze im Bereich der
hinteren Tür, eigentlich ohne diese Plätze gezielt ausgesucht zu haben, es ergab
sich so, dann kam aber nach 10 Minuten ein älterer Herr der schon von weitem
schimpfte, dass er und seine Gattin auf der Hinreise vor einigen Tagen dort
gesessen hätten und das wäre ihr Platz. Es gab im Bus aber keine
Platzreservierung. Da ich keine Lust hatte, mich mit dem alten Zausel zu
zanken, ich meine ich bin selbst nicht mehr der Jüngste, aber der war sicher weit
über 80, bot ich ihm an, dass wir uns halt andere Plätze aussuchen und er mit
seiner Gemahlin seinen alten Platz wieder haben kann. Es waren noch genug
Plätze frei, da die meisten Mitreisenden nur sehr zögerlich eintrudelten. Das
gefiel ihm aber auch nicht, er wollte sich streiten, was so aber nicht gelang. Er
meckerte uns weiter blöd an, dass er schließlich da schon gesessen habe und
dass es eine bodenlose Unverschämtheit von uns wäre u.s.w. Ich habe dann gar
nicht mehr auf ihn reagiert und wir haben uns umgesetzt, fertig. Er stand dann
aber noch eine ganze Weile maulend und gestikulierend im Gang herum, bis
seine Alte sich dann auch gesetzt hatte und ihn zu sich herüber zerrte. So startete
die Heimfahrt. Eigentlich viel zu früh, denn wie schon angedeutet, 3 Tage für
Nancy sind viel zu wenig. Andererseits waren wir auch wieder froh in unser
eigenes Haus zu kommen. Ich finde, es ist doch etwas anderes, wenn man von
einer Reise in ein eigenes Heim zurück kehrt, als wie wenn man in eine
Mietwohnung zurück kehrt. Also beim Eigentum ist die Wiedersehensfreude
deutlich größer und man ist bei längerer Abwesenheit deutlich unruhiger, weil
man immer an das Haus denkt und überlegt, wie mag es dort jetzt wohl sein.
Auch deshalb legen wir auf länger andauernde Reisen momentan überhaupt
keinen Wert, natürlich auch wegen der Kosten, die man meiden will.
 

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