Nobelrestaurant

Eröffnung eines Nobelrestaurants

oder Das Auge isst mit und hat mir alles weggefressen !

Es liegt seit einigen Jahren im Trend, dass Nobelrestaurants und vergleichbare Einrichtungen der sogenannten Edelgastronomie wie Pilze aus dem Boden schießen. Jeder der im Fernsehen mal eine Kochshow gesehen hat, fühlt sich dazu berufen, mal in solch einen Freßtempel der Neuzeit zu gehen. Ich sage es gleich vorweg, unsere Sache ist das nicht. Das beziehe ich nicht auf die Menüs, die dort geboten werden, sondern diese zwanghaft künstlich erzeugte gehobene Atmosphäre finden wir einfach nur furchtbar. Eine Möchtegern - Atmosphäre, in der wir uns nicht wohl fühlen. Gewiss werden manche das anders sehen und es sei ihnen gegönnt. Die Ereignisse des folgenden kurzen Berichts haben wir daher auch nicht selbst erlebt, sondern sie geben das wieder, was ein guter Bekannter von uns zusammen mit seiner Freundin bei der Eröffnung eines neuen Lokals dieser Art erlebte.

In einem kleinen Städtchen, rund 20 - 30 km von unserem Wohnort entfernt, hatte im Dezember eines dieser Möchtegern - Feinschmeckerlokale neu eröffnet. Da es uns nicht darum geht, hier eine Art Hetzkampagne gegen diese bestimmte Lokalität zu verbreiten, nennen wir absichtlich weder den genauen Ort, noch den Namen der Lokalität. Ein Bekannter von uns hatte eine Einladung für zwei Personen zur Eröffnungsveranstaltung erhalten. Er selbst hatte eigentlich keine rechte Lust, überhaupt dorthin zu gehen, aber seine Freundin fand das interessant und so gingen beide hin. Neben einigen Ansprachen und Reichungen von Getränken, gab es für alle geladenen Gäste etwas später auch ein Menü. Gerade in der gehobenen Gastronomie gilt natürlich der alte Grundsatz: “Das Auge ißt mit!” Die Portionen des Eröffnungsmenüs waren dermaßen freundlich zurückhaltend ausgefallen, dass man sagen muss, jawohl, das Auge ißt mit und das Auge hat mir schon alles weggefressen ! Also mehr als eine entzückende Betrachtung einiger optisch schön angerichteter Moleküle auf dem Teller war mangels Masse nicht möglich. Mein Bekannter meinte, das wäre so ähnlich, als würde man sich eine Dose Erdnüsse kaufen und dann nach dem Öffnen feststellen, dass innen nur eine einzige halbe Erdnuß enthalten ist, die aber auf einem Samtkissen dort reingelegt ist. Fürs Auge toll, zum Essen blieb nichts. Selbst seine in dieser Hinsicht tolerante Freundin hatte sich angesichts der mikroskopisch kleinen Essensmengen dahingehend geäussert, dass ein Foto des Menüs in einem Kochmagazin mehr Kalorien enthalten hätte, als dieses Essen selbst in natura. Wie das nun mal so ist. Wenn es wenig gibt, hofft man auf mehr.

Vorsicht, das Auge isst mit !

Eine gewisse, natürliche Erwartungshaltung wird ausgelöst, die einem zu versprechen scheint, dass wenn es schon so wenig gibt, dann noch sehr viel anderes folgen muss, um den Hunger und das Interesse an dem, was da noch kommen mag, zu erhalten. Sagen wir mal so, es kam zwar noch was, aber die Erwartung wurde trotzdem bitter enttäuscht, weil die Mengen, die dabei verabreicht wurden, bestenfalls als eine optische Andeutung dessen gelten konnte, was man da ansonsten aufgetischt bekommen könnte. Nun weiss man nicht, ob diese Kultur der fehlenden Substanz nur bei den immerhin kostenlosen Eröffnungmenüs galt, dass man sich sagte, man muss erst überhaupt mal die Neugierde wecken, damit die Gäste in spe

später als zahlende Gäste wieder kommen und dann auch eine Menge erhalten, die man zwischen den Zähnen tatsächlich spürt oder ob das bei denen grundsätzlich zum Konzept gehört. Genau diese Frage blieb leider unbeantwortet und damit fallen schon mal alle künftigen Besucher raus, die dorthin wollen, um beim Essen auch ihren Hunger zu stillen. Wem es genügt, eine optische Vorstellung davon zu bekommen, wie ein (angeblich) hochwertiges, neuzeitliches Menü aussehen könnte, der kann dann wirklich künftig als Kunde dort auflaufen oder mit der gleichen Wirkung sich die Fotos solcher Menüs in diversen Kochzeitschriften ansehen.

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